Gemeinschaftliches Testament / Berliner Testament

Formerleichterung für Ehepaare und Möglichkeit sich selbst an sein Testament zu binden

Das sog. gemeinschaftliche Testament ist in Deutschland sehr verbreitet (vor allem das sog. „Berliner Testament“) obwohl es international eine Besonderheit ist. Denn beim gemeinschaftlichen Testament können Ehegatten nämlich nicht nur zwei Nachlassfälle in einem Testament regeln, sondern sie haben auch die Möglichkeit, ihre Testierfreiheit – also die Möglichkeit ihr Testament jederzeit zu ändern – freiwillig einschränken. Das betrachten viele Rechtsordnungen kritisch, ist aber in Deutschland häufig gewünscht. Namentlich beim sog. Berliner Testament (das im Detail gar keinen genau definierten Inhalt hat), in dem Ehehatten festlegen, dass sie sich beim Tod des ersten wechselseitig beerben und erst wenn der zweite stirbt die Kinder etwas bekommen. Und diese sog. Schlusserbeneinsetzung der Kinder soll dann der Überlebende beim klassischen Berliner Testament nicht mehr ändern können. Aber alles hängt vom Willen der Erblasser und ihren Anordnungen ab. Wir beraten Sie gern über die unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten und suchen das passende Testament für Sie und ihren Ehepartner.

Das Wichtigste kompakt:

Gemeinschaftliches Testament können nur Ehepaare errichten
- Ein gemeinschaftliches Testament kann sowohl handschriftlich, als auch notariell verfasst werden.
- gemeinschaftliche Testamente können nur Ehepaare errichten
- andere Personen können vergleichbare Wirkungen nur durch einen (notariell beurkundeten) Erbvertrag erreichen
Formerleichterung beim gemeinschaftliches Testament
- bei handschriftlicher Errichtung genügt es, wenn ein Ehepartner schreibt, der andere muss nur unterschreiben (§ 2267 BGB)
- hilfreich vor allem, wenn ein Ehepartner Schwierigkeiten mit dem Schreiben hat, weil er nur unterschreiben muss
- wichtig: Beide Ehegatten müssen lesen können, also insbesondere noch gut genug sehen können, um das Testament selbst lesen zu können.
Bindungswirkung - die sog. Wechselbezüglichkeit
- Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament können, müssen aber nicht, Bindungswirkungen entfalten, die sog. „Wechselbezüglichkeit“
- die Wechselbezüglichkeit kann für jede einzelne testamentarische Anordnung („Verfügung“) angeordnet oder ausgeschlossen werden
- beim Berliner Testament, bei dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben und die Kinder zum Erben des Längerlebenden einsetzen, wird die Wechselbezüglichkeit aller Verfügungen vermutet (§ 2270 BGB)
Änderung von bindenden Verfügungen
- zu Lebzeiten können die Ehegatten wechselbezügliche Verfügungen gemeinsam jederzeit durch eine neues Testament ändern
- will einer sie allein ändern, muss er das Testament notariell beurkunden lassen; dadurch ist sichergestellt, dass das nicht heimlich geschehen kann
- nach dem Tod des Erstversterbenden kann der Längerlebende bindende Verfügungen nicht mehr durch Testament ändern

Nele Marie Kliemt<br />Sebastian Höhmann

Nele Marie Kliemt
Sebastian Höhmann

Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

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Ihre Fragen – unsere Antworten

Wie kann ein bestehendes Testament widerrufen werden?
Sind Testamente gültig, die nach den Formvorschriften fremder Länder errichtet wurden?
Wir wollen ein unwirksames Testament trotzdem erfüllen – was sagt das Finanzamt dazu?

Können bindende Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament durch lebzeitige Schenkungen ausgehöht werden?

Ja und nein. Durch ein gemeinschaftliches Testament wird die lebzeitige Verfügungsmöglichkeit der Ehepartner und auch des Überlebenden nicht eingeschränkt. Er kann das Vermögen also nach Belieben verbrauchen und auch verschenken, selbst wenn dadurch eine bindende Verfügung ausgehöhlt wird. Bei Geschenken, die die Rechte der im gemeinschaftlichen Testament Bedachten beeinträchtigen, können diese aber nach dem Tod des Längerlebenden – ähnlich wie beim Erbvertrag – die Schenkung vom Beschenkten zurückfordern. Für den Beschenkten ist das Geschenk also nur ein Geschenk „zweiter Klasse“.

Expertentipp: In der Praxis führen sogenannte „beeinträchtigende Schenkungen“ beim gemeinschaftlichen Testament (vor allem beim „Berliner Testament“) fast immer zu Streit, dessen Ausgang schwer vorhersehbar ist. Eine Rückforderung ist nämlich nach der Rechtsprechung ausgeschlossen, wenn die Schenkung nicht in Beeinträchtigungsabsicht erfolgte, weil der Überlebende ein lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung hatte. Und wann ein Richter ein solches bejaht, ist nicht sicher zu prognostizieren. Sie können den Streit vermeiden, wenn Sie schon bei Errichtung des Testaments abwägen, welche Bindung gewollt und welche Freiheit der Überlebende braucht. Wir beraten Sie hierzu gerne und blicken auf langjährige Erfahrung mit guten und mißglückten Testamenten zurück.

Sind Testamente gültig, die nach den Formvorschriften fremder Länder errichtet wurden?

Wirksamkeitsprobleme können sich in „internationalen Erbfällen“ ergeben. Grundsätzlich gelten solche letztwilligen Verfügungen im Hinblick auf das Haager Testamentsübereinkommen auch in Deutschland oder auch einem anderen Land, in dem das Testamentsübereinkommen gilt, wenn sie den Formvorschriften des Landes entsprechen, in dem sie errichtet wurden. Auch sonst können nach ausländischen Vorschriften errichtete Testamente wirksam sein, wenn ein Bezug zu dem anderen Land (z.B. aufgrund der Staatsangehörigkeit, Wohnort, Lage des Vermögens) besteht.

Allerdings sehen manchen Rechtsordnungen (z.B. Polen, Frankreich) die (Selbst-)Bindung durch Erbvertrag oder gemeinschaftliches Testament nicht als bloße Formvorschrift an, sodass die Wirksamkeit dieser Testamentsformen bei Auslandsvermögen stets abhängig vom Einzelfall geprüft werden muss.

Wir wollen ein unwirksames Testament trotzdem erfüllen – was sagt das Finanzamt dazu?

Grundsätzlich richtet sich die Besteuerung danach, was die Beteiligten nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts („Zivilrecht“) geerbt haben. Und war jemand z.B. aufgrund eines Schreibmaschinentestaments bedacht, dann ist ein solches Testasment unwirksam. Ist der Erbe so fair und erfüllt den unwirksam niedergelegten Wunsch des Erblassers trotzdem, so ist das zivilrechtlich eine Schenkung des Erben an den (unwirksam) Bedachten. Und das kann erbschaftsteuerlich verheerend sein, weil dann z.B. zwischen Geschwistern nur ein Freibetrag von 20.000 € gilt.

Erfreulicherweise ist in solchen Fällen das Finanzamt großzügig. Kann man nachweisen, dass der Erbe eine wirklich bestehnende Anordnung (freiwillig) erfüllt hat, so erkennt das Finanzamt das als Zuwendung vom Erblasser an. Dies gilt übrigens auch dann, wenn die Zuwendung nicht vollständig erfüllt wird.

Ensprechendes gilt übrigens, wenn man sich über die Wirksamkeit von Testamenten oder deren Auslegung streitet und dann einigt.

Haben Sie Fragen zu einem solchen Fall? Wir beraten Sie gerne zu den zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und den steuerlichen Folgen (030 / 440 330 24).