Erbrecht in Österreich

und deutsch-österreichisches internationales Erbrecht

siehe auch: Österreich (Rechtslage für Erbfälle bis 16.08.2015)

Übersicht:

  1. Erbstatut: Welches nationale Erbrecht gilt in deutsch-österreichischen Erbfällen?
  2. Vefahrensstatut: Welches Verfahrensrecht gilt in deutsch-österreichischen Erbfällen?
  3. Materielles Erbrecht in Österreich (gesetzliches Verwandten- und Ehegattenerbrecht, Testamente/letztwillige Verfügungen, Pflichtteil)
  4. Verfahrensrecht: Wie läuft ein Verlassenschaftsverfahren nach österreichischem Erbrecht ab?
  5. Erbschaftsteuer Welche erbschaftsteuerlichen Regelungen gibt es in Österreich und kann es zur Doppelbesteuerung kommen?

1. Erbstatut: (Stand: 20.06.2018): Welches nationale Erbrecht gilt in deutsch-österreichischen Erbfällen?

Für alle Erbfälle ab dem 17.08.2015 gilt zur Beantwortung der Frage, welches nationale Erbrecht in einem internationalen Erbfall anwendbar ist, in Österreich und Deutschland die EU-Erbrechtsverordnung. Diese besagt im Grundsatz, dass das Recht des Staates anwendbar ist, in dem der Erblasser bei seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, soweit er nicht duch Testament das Recht seiner Staatsangehörigkeit gewählt hat. Nähere Einzelheiten zu den Regelungen der EU-Erbrechsverordnung finden Sie hier.

2. Verfahrensstatut: Welches Verfahrensrecht gilt in deutsch-österreichischen Erbfällen?

(wird überarbeitet).

Aktuelles zum Europäischen Nachlasszeugnis finden Sie hier.

3. Materielles Erbrecht in Österreich (Stand: 07.11.2014): Welche Regelungen gelten im Todesfall, wenn  österreichisches Erbrecht zur Anwendung kommt?

Ähnlich wie in Deutschland sind gesetzliche Erben die Verwandten, neben die bei bestehender Ehe das Erbrecht des Ehegatten tritt. Eine Besonderheit des österreichischen Erbrechts ist, dass wenn keine erbberechtigten Verwandten vorhanden sind, zunächst eine vom Erben nur als Vermächtnisnehmer eingesetzte Person Erbe wird. Sind auch Vermächtnisnehmer nicht vorhanden erbt der Staat.

Zu beachten ist, dass das österreichische Verlassenschaftsrecht – das Verfahrensrecht zur Abwicklung von Nachlässen – teilweise Auswirkungen auf die Rechtslage hat und damit grundsätzlich vom deutschen Erbrecht abweicht. So können sich z.B. bei Eigentumswohnungen, die an mehrere Erben fallen würden Besonderheiten ergeben.

a.) gesetzliches Erbrecht der Verwandten

Verwandte des Erblassers erben nach österreichischem Erbrecht – ggf. neben dem Ehegatten, dazu sogleich – sofern Sie zu einer der ersten sog. „Linien“ gehören (im deutschen Erbrecht heißen sie „Ordnungen“). Angehörige höherer „Linien“ erben wie in Deutschland nur, wenn keine Angehörigen einer niedrigeren Linie vorhanden sind. Ein lebender Elternteil schließt die von ihm abstammenden Kinder von der Erbfolge aus.  Auch insoweit ist das Österreichische Erbrecht dem deutschen Erbrecht sehr ähnlich.

Erben der ersten Linie sind die Nachkommen des Erblassers, also Kinder (auch Adoptivkinder) und Enkel, Urenkel usw. . Mehrere Kinder erben zu gleichen Teilen. Ist ein Kind vorverstorben, treten an seine Stelle dessen Abkömmlinge (mehrere ggf. wieder zu gleichen Teilen).

Erben der zweiten Linie sind die Eltern des Erblassers je zu einhalb bzw. deren Nachkommen. Ist ein Elternteil verstorben, treten an dessen Stelle seine Nachkommen (d.h. z.B. die Geschwister des Erblassers). Erben der dritten Linie sind die Großeltern und deren Nachkommen und Eltern der vierten Linie die Urgroßeltern und deren Nachkommen.

Im Österreichischen Erbrecht erben, anders als im deutschen Erbrecht, entferntere Verwandte nicht. Sind anderweitige Erben in diesem Fall nicht vorhanden, erbt der Staat.

Stets zu beachten ist aber, dass neben das Erbrecht der Verwandten das Erbrecht des Ehegatten tritt.

b.) gesetzliches Erbrecht des Ehegatten

Neben Verwandten der ersten Linie erbt in Österreich der Ehegatte zu 1/3, neben Verwandten der zweiten Linie erbt der Ehegatte zu 2/3, sind weder die Eltern, noch Geschwister des Erblassers vorhanden (d.h. würden die Neffen und Nichten erben), erbt der Ehegatte allein. Neben Verwandten der dritten Linie erbt der Ehegatte allein, es sei die Großeltern leben noch. Jeder lebende Großelternteil erbt 1/6, im Übrigen erbt der Ehegatte. Auch neben Verwandten der vierten Linie erbt der Ehegatte allein.

Neben seinem Erbteil erhält der überlebende Ehegatte den Hausrat und ein unentgeltliches Wohnrecht in der Ehewohnung als Vorausvermächtnis.

c.) Testamente /letztwillige Verfügungen (folgt)

d.) Pflichtteilsrecht

Pflichtteilsberechtigt sind nach österreichischem Erbrecht alle Nachkommen und Vorfahren sowie der Ehegatte des Erblassers, sofern sie bei gesetzlicher Erbfolge tatsächlich zur Erbfolge gelangt wären. Die Pflichtteilsberechtigung nach österreichischem Pflichtteilsrecht entspricht damit im Wesentlichen dem deutschen Pflichtteilsrecht, allerdings mit der (praktisch eher seltenen) Erweiterung, dass nicht nur Eltern, sondern auch Großeltern und Urgroßeltern pflichtteilsberechtigt sein können.

Ebenfalls wie im deutschen Erbrecht ist nach österreichischem Erbrecht der Pflichtteilsanspruch der Nachakommen und des Ehegatten ein Anspruch auf Zahlung des hälftigen Wertes des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteilsanspruch der Vorfahren beträgt lediglich 1/3 des Wertes ihres Erbteils.

4. Verfahrensrecht (Stand: 07.11.2014): Wie läuft ein Verlassenschaftsverfahren nach österreichischem Recht ab?

Zuständig für das Verlassenschaftsverfahren ist das Bezirksgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers bzw. wenn ein solcher nicht vorhanden ist, der Ort des wesentlichen Vermögens und wenn sich auch dieser nicht feststellen lässt das Bezirksgericht Innere Stadt Wien (§ 105 JN), das die Aufgaben teilweise an einen örtlichen Notar („Gerichtskomissär“) abgibt.

Besteht nur ein geringfügiger Nachlass (Aktivvermögen bis 4.000 `) findet ein vereinfachtes Verfahren statt, bei dem der Gerichtskomissär vornehmlich etwaige letztwillige Verfügungen ausführt. In diesen Verfahren besteht kein Anwaltszwang.

Bei größeren Nachlässen (Aktivvermögen über 4.000 `) findet ein ordentliches Verlassenschaftsverfahren statt.

Das Verfahren beginnt bei Gericht mit der öffentlich beglaubigten Todesmitteilung an das Gericht (i.d.R. durch Sterbeurkunde) und endet mit der Übergabe des Nachlasses an den oder die Erben (Einantwortung). Der Nachlass wird bis zur Einantwortung als gesonderte Vermögensmasse behandelt, verbleibt aber während des Verfahrens in der Regel bei den Angehörigen, der Gerichtskomissär kann aber Maßnahmen zur Sicherung des Nachlasses (Versiegelung, Kontensperrung, etc.) veranlassen.

Zunächst erfolgt die Todesfallaufnahme, bei der die (bekannten) Angehörigen zum Gerichtskomissär geladen werden, um Einzelheiten zum Vermögen des Erblassers, Schulden, den Testamenten und letzwilligen Verfügungen sowie den erbberechtigten Personen zu ermitteln und festzustellen, ob Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind.

Der (potentielle) Erbe muss sodann eine eigenhändige Erbantrittserklärung abgeben, die unwiderruflich ist. Natürlich kann er auch ausschlagen oder eine bedingte Erbantrittserklärung abgeben, die die Haftung für Verbindlichkeiten auf den Wert des Nachlasses beschränkt. Da letztere das Verfahren verkompliziert ist sie nur zu empfehlen, wenn Unklarheit über die Höhe von Verbindlichkeiten besteht. Während der Dauer des Verlassenschaftsverfahrens wird der Nachlass durch den oder die „erbantrittserklärten Erben“ vertreten, sofern sie ihr Erbrecht hinreichend nachgewiesen haben. Über das Vertretungsrecht stellt der Gerichtskomissär eine Bescheinigung aus, wobei im Einvernehmen mit den erbantrittserklärten Erben auch eine Dritte Person bevollmächtigt werden kann. Am Ende des Verlassenschaftsverfahrens erfolgt die Übertragung des Nachlasses durch Gerichtsbeschluss („Einantwortung“) an die Erben, wobei ggf. vorher nachgewiesen werden muss, dass die testamentarischen Anordnungen bzw. Pflichtteilsansprüche erfüllt wurden. Erst mit der Einantwortung geht der Nachlass auf den oder die Erben über. Die Aufteilung des Nachlasses zwischen mehreren Erben kann vor oder nach der Einantwortung erfolgen.

5. Erbschaftsteuer (Stand: 07.11.2014): Welche erbschaftsteuerlichen Regelungen gibt es in Österreich und kann es zu Doppelbesteuerung kommen?

Zum 31.07.2008 ist in Österreich die Erbschaftssteuer weggefallen, nachdem das österreichische Verfassungsgericht die geltende Regelung für verfassungswidrig erklärt und die Regierungskoalition sich gegen eine Neuregelung entschieden hat. Aus diesem Grund ist zum 31.12.2007 auch das bisher zwischen Deutschland und Österreich bestehende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gekündigt worden (BStbl. I 2007, S. 821). Gemäß § 2 Abs. 1 des deutschen ErbStG besteht eine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht, wenn der Erblasser/Schenker oder der Erbe/Beschenkte beim Erbfall/Schenkung Inländer im Sinne des Erbschaftsteuergesetz war. Dies ist der Fall, wenn sie einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, bei deutschen Staatsangehörigen darüber hinaus, wenn sie nicht länger als fünf Jahre aus Deutschland verzogen waren (sog. Wegzugsbesteuerung).

Die nach den Wahlen im Herbst 2013 erwartete/befürchte Wiedereinführung der Erbschafsteuer ist nach den jüngst vorgestellten Steuerplänen der Regierung nicht mehr zu erwarten.

Zu beachten ist allerdings, dass bei Übertragung von Grundvermögen – auch im Todes- oder Schenkungsfall – Grunderwerbsteuer anfallen kann. Bemessungsgrundlage und Steuersätze wurden zum 01.06.2014 geändert und sind nun wie folgt:

  • Für Ehegatte (seit 01.06.2014 auch Lebensgefährte bei gemeinsamem Hauptwohnsitz), eingetragene Partner, ein Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers beträgt der Steuersatz 2 %, Bemessungsgrundlage ist der dreifache Einheitswert, höchstens 30 % des gemeinen Wertes (=Verkehrswert).

  • Andere Personen müssen ein Steuersatz von 3,5 % bezahlen (privatrechtliche Stiftungen 6 %), wobei Bemessungsgrundlage der gemeine Wert (=Verkehrswert) ist.

  • für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke werden zum 1.1.2015 neue Einheitswerte festgestellt die dann die Bemessungsgrundlage darstellen.

Außerdem kann in deutsch-österreichischen Fällen nach deutschem Recht Erbschafts- bzw. Schenkungsteuer anfallen. Zur Besteuerung nach deutschem Erbschaftsteuerrecht siehe hier.